Ohne Leidenschaft kann er nicht arbeiten.
Einige Hundert Meter über einem neuseeländischen Canyon stand Barry Guildford vor der Wahl, für den allerersten Bungeesprung seines Lebens entweder einen leichten oder einen etwas weniger leichten Sprung zu wählen. Er sagte: „Gebt mir den schwierigsten.“ Es ist jedoch nicht so, als hätte der junge Brite keine Angst davor gehabt, sich rückwärts an einem hauchdünnen Seil in den Canyon zu stürzen – im Gegenteil, ihm schlotterten gehörig die Knie.
Und ähnlich – so nahmen seine Freunde an – müsse es ihm auch ergangen sein, als er nach Deutschland kam, um die Marketingleitung für Lkw-Reifen in der Vertriebsregion Europa – Mittler Osten – Afrika, kurz: EMEA, zu übernehmen. Aber – dieses Mal lagen sie falsch.
Barry Guildford hatte bereits einige berufliche Stationen durchlaufen, bevor er nach Hannover zog, doch eigentlich hatte er immer nur von einer Sache geträumt: „Ich wollte unbedingt Profi-Fußballer werden“, sagt er und setzt schmunzelnd hinzu: „Aber das wollte natürlich fast jeder englische Junge.“ Und so beschloss er, Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing zu studieren. Wenn er schon kein Fußballer werden konnte, wollte er wenigstens einen Job haben, in dem es Raum für viele kreativen Ideen gab. Und ein Job, der am besten etwas mit Autos -schnellen Autos! - zu tun hatte. Also bewarb er sich am Ende seines Studiums ganz gezielt bei Pkw-Herstellern und -Zulieferern. Seinen ersten Job trat er im Marketing eines europäischen Automobilunternehmens an, doch schon 18 Monate später lockte ihn eine Aufgabe im Produktmanagement zur Continental Tyre Group. Es war der Beginn einer wechselvollen Laufbahn.
Denn da war immer noch sein Traum von der Fußballerkarriere, der ihn nie ganz losgelassen hatte. So beschloss Barry Guildford kaum ein halbes Jahr später, nach Australien zu ziehen, um doch wenigstens einmal in seinem Leben wirklich versucht zu haben, sich diesen alten Traum zu erfüllen. „Es war vollkommen verrückt“, sagt er, „aber es klappte!“ Tatsächlich wählte ihn ein Verein der australischen National Soccer League als einzigen aus 120 Spielern für sein Team. Einige Zeit später wechselte er in die Fußball-Liga von Vietnam. Eine Erfahrung, die ihn tief beeindruckt hat.
„Der Wechsel nach Vietnam ging rasend schnell. Plötzlich stand ich auf einem Flughafen, verstand kein Wort, hatte keinen Cent in der Tasche, nicht einmal ein Visum, hatte meinen Anschlussflug verpasst und keine Telefonnummer, keinen Ansprechpartner beim Fußballclub, gar nichts.“
Als ihn also seine Freunde in England fragten, ob er Angst davor habe, zu Continental nach Deutschland zu wechseln, konnte er nur schmunzeln.
Sein Traum hatte sich endlich erfüllt, doch er währte nur kurze Zeit. Eine Verletzung zwang Guildford dazu, die Fußballschuhe endgültig an den Nagel zu hängen. Barry Guildford kehrte nach England zurück. Und er kehrte zu Continental zurück. „Die Erfahrung im Ausland hat mich verändert“, sagt er. „Früher war ich sehr ungestüm und impulsiv. Nach Australien und Vietnam zu gehen, war damals wahrscheinlich das Beste, das mir zu diesem Zeitpunkt passieren konnte. Denn es erlaubte mir, erwachsen zu werden.“ Eine Basis, die für seinen alten und neuen Arbeitgeber anscheinend vielversprechend war. „Continental war fantastisch zu mir“, sagt Guildford. „Ich wurde wieder aufgenommen, ich wurde gefördert und mir wurde die Chance gegeben, mich weiterzuentwickeln, Karriere zu machen.“
Zehn Jahre lang durchlief er verschiedene Stationen, vom Brand Manager zum Marketing Manager bis hin zum Vertriebsleiter. Er wuchs mit dem Unternehmen und lernte es aus diesen ganz unterschiedlichen Blickwinkeln immer besser kennen: Lkw-Reifen, Spezialreifen. Guildford fühlte sich bei Continental wohl, er hatte das Gefühl, am richtigen Ort zu sein – und auf dem richtigen Weg.
Doch dann winkte auf einmal ein besonders großer Karriereschritt. Bei einer anderen Firma. „Es erschien mir wie die Chance meines Lebens“, sagt er beinahe entschuldigend. „Ich konnte den Job einfach nicht ablehnen. Doch ich war todunglücklich dort. Der Job war überhaupt nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.“
Guildford lernte in jener Firma eine völlig andere Unternehmenskultur und Arbeitsweise kennen. Er musste feststellen, dass all das, was er in seinen Jahren bei Continental für selbstverständlich gehalten hatte, in der Arbeitswelt keineswegs so selbstverständlich war. Daher kehrte er wieder zu Continental zurück, oder, wie er sich ausdrückt, „nach Hause“, denn, so sagt er: „Ich mag die Einstellung des Unternehmens. Es geht mehr um das, was man tun kann, als um das, was man nicht tun kann. Ich mag es, dass eine Idee, von der man das Unternehmen überzeugen kann, aufgegriffen wird, dass das Unternehmen einen unterstützt und einem dabei hilft, diese Idee umzusetzen.“
Heute ist er bei Continental in Hannover für das Marketing der Lkw-Reifen in der EMEA-Region verantwortlich. Europa, der Nahe Osten und Afrika – eine Region, die für Guildford eine besonders spannende Herausforderung darstellt. „Diese drei Regionen sind sehr verschieden. Allein Europa ist in sich ja auch kein homogener Raum. Wir können daher natürlich nicht einfach davon ausgehen, dass ein und dieselbe Kampagne zu jedem Land passt. Und gerade das macht meine Aufgabe so spannend.“
Auch wenn er privat heute am liebsten Motorrad fährt und es kaum erwarten kann, seine Maschine am Ende jedes Winters wieder aus der Garage zu holen und für die Saison fit zu machen, ist er beruflich ausgesprochen froh, bei Nutzfahrzeugreifen gelandet zu sein.
„Nutzfahrzeugreifen ist für mich ein fantastischer Arbeitsplatz, weil ich dort in allererster Linie ich selbst sein kann, weil ich mich dort frei ausdrücken kann, weil ich dort ein wenig anders denken kann und weil ich dort ein Umfeld habe, in dem ich mich selbst zu Höchstleistungen antreiben kann.“
Doch es ist nicht nur das Umfeld an sich und die Unternehmenskultur, die er so schätzt.
„Ich habe in einer Reihe unterschiedlicher Bereiche der Reifenindustrie gearbeitet“, sagt er, „aber der Bereich Lkw-Reifen ist faszinierend. Der interessanteste Aspekt ist das Engagement der Kunden in Bezug auf das Produkt und die Dienstleistungen, die man anbietet. Die Kunden zeigen Leidenschaft für das Produkt, da es für ihr Geschäft eine hohe Bedeutung hat. Und das ist meines Erachtens ziemlich einzigartig.“
Diese Leidenschaft spürt Guildford nicht nur, seit er im Jahr 2000 zum ersten Mal für Continental arbeitete, sie ist auch heute noch ein entscheidender Faktor. Denn ohne Leidenschaft, so sagt er, könne er nicht arbeiten. „Ich möchte etwas bewegen und ich möchte, dass mein Team etwas bewegt.“ „Natürlich“, sagt er, „möchte ich Erfolge sehen, Erfolg für unser Geschäft, Erfolg für mein Team und auch persönlichen Erfolg. Man strebt ja schließlich danach, in seiner Karriere voranzukommen. Daher mache ich alles, was ich tue, mit Leidenschaft.“